Mit dem Label «Glory Hazel» steigen Sandra Lichtenstern und Sabine Fischer ins Pornobusiness ein. Ihr erster Film hat morgen in Zürich Premiere
Die Feier zum DVD-Release im Cabaret Voltaire war nach drei Stunden ausverkauft. Überrascht?
Sandra Lichtenstern: Wir haben recht früh gemerkt, dass die Sache hohe Wellen schlägt. Die Pressearbeit hat sich fast wie von alleine erledigt.
Sabine Fischer: Auch wenn Provokation nicht unsere Motivation war: Wenn du ein grosses Echo mit wenig Aufwand erzielen willst, mach etwas mit Porno.
… und mit dem Cabaret Voltaire.
Lichtenstern: Genau. Wobei wir hier vor allem den Vorteil geniessen, dass wir im Cabaret Voltaire ernster genommen werden, als wenn wir die Aufführung im Sexkino gemacht hätten. Schliesslich wollen wir mit unserer Arbeit neue Zielgruppen erreichen.
«Glory Hazel» ist also eine ernste Sache?
Fischer: Ja und nein. Ja, weil unser Anliegen, gute und interessante Pornos zu machen, doch eine ernste Sache ist. Und nein, weil wir dabei unverkrampft und lustvoll vorgehen und sehr viel Spass dabei haben.
Woran mangelt es Ihrer Meinung nach in Sexfilmen?
Fischer: Zeitgenössische Produktionen sind meist einfallslos, gleichförmig, langweilig – ein Brei aus nackter Haut, lustlosem Gestöhne und dumpfer Künstlichkeit. Uns hat das gestört, dort sahen wir Handlungsbedarf.
Lichtenstern: In den Siebzigerjahren bewiesen Produzenten auch noch viel mehr Liebe zum Detail. Die Filme wirkten viel stimmiger. Man schaue sich nur einmal die ganze Ausstattung an. Die ganze filmische Umsetzung ist spannender und kreativer. Das liegt wohl auch daran, dass das Pornobusiness damals noch nicht so sehr in der Schmuddelecke hockte.
… die Stories waren doch schon damals lahm?
Lichtenstern: Dieser Meinung sind wir auch. Deshalb haben wir in unserem Film auch aufs Story-Telling verzichtet. Es ging uns vielmehr um Stimmungen. Die drei Kurzfilme auf unserer DVD sind wie Stimmungscollagen. An der Release-Party werden die von uns engagierten Stripperinnen versuchen, diese Stimmung in die Realität umzusetzen. Denn auch auf dem Feld des Striptease gibt es noch viele Dinge, die man frischer und mit einer anderen Sinnlichkeit machen kann.
Dann propagieren Sie so was wie die Rückkehr zur Sinnlichkeit – ähnlich den Pornos für Frauen?
Lichtenstern: Ich habe das Gefühl, die Leute, die Frauenpornos machen, betreiben das immer aus einem Gender-Blickwinkel. Das lassen wir aus. Wir interessieren uns mehr für die Ästhetik und nicht dafür, ob der Film jetzt für Frauen oder für Männer interessant ist.
Fischer: Wir haben die Szenen für unsere Filme auf sehr persönlicher Basis ausgewählt. Wir haben die ge- nommen, die unseren ästhetischen Massstäben genügen, ohne dass wir uns an eine Maxime hielten. Sehr subjektiv also.
Woher kommt Ihr Interesse für die Pornografie?
Lichtenstern: Ich sehe das vom Standpunkt der Designerin her. Design hat immer mit Funktion zu tun. Und die Funktion von Pornofilmen, nämlich die Leute zu erregen, finde ich sehr herausfordernd und interessant. Da wollte ich etwas draus machen.
Fischer: Ich dachte, es kann doch nicht sein, dass es da ein riesiges ökonomisches Feld gibt, das mich zwar interessiert, als visuell anspruchsvollen Menschen aber komplett ausschliesst. Ein eigenes Label war der Ausweg.
Und wer oder was ist nun genau «Glory Hazel»?
Fischer: «Glory Hazel» ist für Porno, was Betty Bossi fürs Kochen ist. Ein Label für liebevoll zubereitete Köstlichkeiten. Im Ernst: «Glory Hazel» sollte sich im besten Fall zu einer Plattform für anspruchsvolle Pornografie entwickeln. Ein Label, wo verschiedene Leute, verschiedene Dinge mit ähnlichem Stil veröffentlichen können. Wir haben jetzt einfach mal den Anfang gemacht. Ein Hörspiel ist jedoch bereits im Gespräch, und auch eine Anfrage für ein Heft hatten wir schon.
Wie reagiert Ihr Umfeld auf Ihr Porno-Engagement?
Lichtenstern: Als Erstes sind die Leute meist neugierig. Es ist schon ungewöhnlich, dass sich junge Frauen beruflich mit Porno beschäftigen. Wenn sie dann aber realisieren, dass ich mitunter eine Woche lang Pornos gucke, sind sie schockiert.
Fischer: Meine Eltern kommen morgen auf jeden Fall auch zur Aufführung.
Quelle: Tagesanzeiger.ch
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