Die Fasnachtszeit treibt auf ihren Höhepunkt zu: Die Innerschweiz setzt auf Tradition, die Ostschweiz auf Busenshows, Domina-Bars und leicht bekleidete Servierdamen. Aber laut Insidern der Ostschweizer Fasnachtsszene ist das Ende der Strip-Stange erreicht

Die Fasnachts-Welle rollt durch die Schweiz: Mit heissen Rhythmen kämpfen in Luzern derzeit die Guggen gegen den Winter und die Wirtschaftskrise an. 27'000 Zuschauer verfolgten am Donnerstag den traditionellen «Fritsch-Umzug», bei welchem sich etliche Wagen über Ospel und Co. lustig machten. Auch in St. Gallen tanzt der Fasnachts-Bär durch die Gassen.

Engel trifft Domina

Doch die Ostschweiz ist im Gegensatz zur Zentralschweiz nicht für eine traditionsbewusste Fasnacht bekannt. Im Gegenteil: Das närrische Treiben hat in den letzten Jahren immer mehr Strip-Shows Platz gemacht. «An der Fasnacht dreht sich alles nur noch um Sex, überall in den Beizen sind nackte Frauen und Männer zu sehen.» Immer weniger Lokale seien dekoriert, klagte der Auer Bauamtschef Bruno Moser im vergangenen Jahr. Selbst in gewöhnlichen Restaurants gehören sich an der Stange räkelnde Showgirls genau so zum Inventar wie die Bierhumpen. Die Lokale buhlen mit String-Tangas und blankem Busen um die lüsterne Kundschaft, wie ein Blick in den Fasnachts-Anzeiger der «Wiler-Nachrichten» zeigt: Bardamen in Strapsen so weit das Auge reicht, selbst angejahrte Damen präsentieren sich im Sado-Maso-Outfit. Getreu dem Motto: «Engel trifft Domina», wie es etwa in der «Engel-Bar» in Wolfikon lautet. Im konservativen, aber trinkfreudigen Luzern undenkbar.

Bier von der Strapsen-Theke

Die politisch durchaus konservative Ostschweiz zeigt sich plötzlich freizügig wie keine andere Region der Deutschschweiz. Dies freut Peter Ruckstuhl, Präsident der Fasnachtsgesellschaft Wil. «Leicht bekleidete Servierdamen sind bei uns völlig normal.» Er verneint aber, dass in Wil etwa Fasnacht nur noch aus Striptease besteht: «Table-Dance findet man bei uns nicht in normalen Lokalen», sagt er. Allerdings gebe es immer weniger Beizen, welche eine traditionelle Fasnachts-Dekoration aufbauen. Dies rentiere nicht mehr. Schöne Brüste versteht er nicht als Dekor.

Für die angemessene Ausschmückung der Beizen und Bars sorgt Pia Maron. Gemeinsam mit ihrem Mann gestaltet sie ausgefallene Dekors und vermietet sie an Lokale. Sie fühlt den Puls der Fasnächtler und führt unter anderem diverse erotische Dekors im Sortiment (siehe Bildstrecke). Maron stellt jedoch eine Trendwende fest: «Die Leute legen wieder mehr Wert auf gute, traditionelle Dekors – die Table-Dance-Welle nimmt ab», meint sie. Fasnachts-Besucher schätzten wieder Motive wie Piraten oder Hexen.

Kurze Röcke im Rheintal

Kapitän Jack Sparrow statt Tutti-Frutti, diesen Ansatz propagieren auch Ostschweizer Medien. «Man ist bemüht, die Fasnacht nicht nur zum ultimativen und kollektive Besäufnis und zur Busenschau verkommen zu lassen», schreiben etwa die «Wiler Nachrichten» im Editorial der Fasnachtszeitung.

Wer heisse Kurven trotzdem lauten Trommeln vorzieht, dem weist Fasnachtspräsident Peter Ruckstuhl den Weg: «Je weiter man in Richtung Rheintal geht, desto kürzer werden die Röcke.»